von Pierre Corneille, 5. Akt neu von Sophie Steinbeck
Premiere: 28.09.2024 am Hessischen Staatstheater Wiesbaden
Regie: Christina Rast, Bühne: Franziska Rast, Kostüme: Sarah Borchardt, Musik: Patrik Zeller, Choreografie: Myriam Lifka, Video: Gérard Naziri, Live-Kamera / Video: Eduardo Mayorga, Dramaturgie: Sophie Steinbeck. Mit Evelyn M. Faber, Sandrine Zenner, Süheyla Ünlü, Trang Dông, Sybille Weiser, Maria Wördemann, Lisa Edith Freiberger, Jan Diener, Dwayne Besier, Joel Spinello, Charlie Jordan Friesenhahn
Ein Vater sucht seinen verstoßenen Sohn. In der Höhle eines Zauberers wird ihm dessen Leben als Spiel im Spiel eröffnet. Dort wird geliebt, getötet, gestorben und immer wieder auch: getäuscht. Das wechselhafte Leben des verlorenen Sohnes wird zum Illusionsspiel mit Identitäten, am Ende wartet ein überraschender Twist.
Clindor, bei seinem Vater in Ungnade gefallen, verdingt sich bei einem prahlerischen Kriegshelden. Dieser ist nicht nur durchschlagkräftig auf dem Schlachtfeld, auch in der Liebe fallen ihm alle Herzen zu. Nur eine widersteht ihm: seine auserwählte Isabelle. Auch den von ihrem Vater präferierten Edelmann Adraste kann sie nicht leiden, denn: sie hat sich in Clindor verliebt. Und er liebt sie. Oder liebt er etwa doch ihre Dienerin Lyse? Machtlos muss der Vater mitansehen, wie Clindor alles aufs Spiel setzt für die wahre Liebe. Doch gehört diese Liebe wirklich Isabelle, oder eher ihrem (Wohl-)Stand? Wer hoch hinauswill, kann auch tief fallen, und so landet Clindor im Kerker und wartet auf seine Enthauptung…
Christina Rast inszeniert diese „extravagante Bagatelle“, so Corneille über sein Stück, als rauschendes Theaterfest, das Köpfe verdreht und spielerisch über Gattungen und Sparten hinauswächst.
Zur Musik
Wie die Musik in die Inszenierung kommt? Am Anfang steht immer die Inspiration: Das Buch, das erste Gespräch mit der Regie, wo die Reise hingehen soll. Entwürfe der Bühne und der Kostüme. Was danach folgt, sind die oft genannten kreativen 10% der Arbeit: Die ersten Entwürfe entstehen völlig aus dem Bauch heraus. An Klavier und Computer wird mit Klängen, Rhythmen, Progressionen und Melodien experimentiert. Christina und ich hören uns die Resultate an und ich knüpfe an jene Stücke an, die uns am reizvollsten und passendsten erscheinen. Nach und nach verdichten sich die Entwürfe zu einem musikalischen System, das bis zur Premiere verfeinert wird. Nebst dem genannten Konzept gilt es, während der Proben zu eruieren, welche Aufgaben die Musik übernimmt. Unterstreicht sie altbewährt, was sich abspielt? Verortet sie das Geschehen, den Zeitpunkt? Greift sie vor, kommentiert sie? Erzählt sie etwas mehr über einen Charakter oder eine Situation? Verschafft sie dem Publikum eine unterhaltsame Verschnaufpause?
Das Ziel ist es, mit «Spiel der Illusionen» ein älteres Stück aufzugreifen, in ein modernes Gewand zu kleiden und die Freude an den reizvollen Facetten des Theaters neu zu entfachen. Dementsprechend spielt die Musik ebenso auf Genres wie verschiedene Rollen der Musik an. Ein schönes Beispiel dafür ist die Adaption von Tschaikowski’s Schwanensee: In das vorerst klassisch anmutende Intermezzo knattert plötzlich ein Dubstep-Beat, die Coda mündet in Film Noir-Manier in modulierende moll-Akkorde und verschwindet unmerklich unter der neuen Szene. Natürlich macht das als Filmmusik-Liebhaber Spass im Wissen, dass die Musik ihren Beitrag zur wohltuenden Verspieltheit und dem Schalk der Rast-Schwestern in dieser Inszenierung liefern kann.