In Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm sind drei Schauspieler zu einer Talkshow eingeladen, um über die Darstellbarkeit Hitlers zu diskutieren. Der jüngste der Kollegen hat aber im Gegensatz zu den beiden Theaterurgesteinen «nur» den Goebbels gespielt. Ein Jahrmarkt der Eitelkeiten entbrennt, es wird Gift und Galle gespuckt. Bevor sich die Herren versehen, stecken sie mitten in einem erbitterten Disput über den Auftrag des zeitgenössischen Theaters, über altertümlichen «Naturalismusschwindel» oder die Marotten des modernen Regietheaters. Zu spät bemerken sie, dass sie ihr Pulver schon vor dem Beginn der Sendung verschossen haben.
Im zweiten Kurzdrama Nach der Ruhe vor dem Sturm, das im gleichen Setting angelegt ist wie der erste Teil, treffen Irm König, die abgespielte Chefhostess des «Glücksschiffs», und Bühnenstar Liz Hansen aufeinander. Die beiden Giftspritzen schenken sich nichts, wenn sie über die Unterschiede zwischen Fernseh- und Theaterarbeit diskutieren oder darüber, ob Kunst und Unterhaltung einander ausschliessen. Und gibt es überhaupt noch gute Rollen für ältere Frauen, wo doch der Grossteil der Dramenliteratur aus der «Pimmelperspektive» geschrieben ist?
Theresia Walsers Doppelabend thematisiert auf humorvoll-bissige Art die Kunst des Spiels, die von den Schauspieler*innen einen andauernden Spagat zwischen Wirklichkeit und Illusion verlangt. Die entfesselten Egos zeigen immer wieder, dass sie auch privat das Schauspielern nicht lassen können. Wissen sie überhaupt noch, in welcher Realität sie sich gerade befinden?
Inszenierung: Anja Horst/Jonas Knecht, Ausstattung: Franziska Rast, Musik: Patrik Zeller, Dramaturgie: Anita Augustin, Regieassistenz: Sina Wider. Mit Birgit Bücker, Diana Dengler, Julius Schröder, Marcus Schäfer, Bruno Riedl.